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Den KI-Spieß umdrehen – Lehrprojekt im Sommersemester 2024

von | Mrz 4, 2024 | Allgemein | 0 Kommentare

Gerade sitze ich im Zug auf dem Weg zur Fachtagung Beratung 2024 des Deutschen Studierendenwerks, bei der ich am 5. März einen Eröffnungsvortrag zum Thema „Künstliche Intelligenz und die Hochschulbildung“ halten darf.

Die aktuelle Debatte: Herausforderungen und Missverständnisse rund um KI im Studium

Während der Vorbereitung des Vortrags ist mir noch einmal bewusst geworden, dass die Debatte – die sich aktuell natürlich vor allem um das Thema ChatGPT dreht – nach wie vor stark das Missbrauchspotential von KI im Studium in den Fokus rückt. So geht es um die Sorge, Studierende würden die KI nutzen, um Abschlussarbeiten von ihr schreiben zu lassen. Und es gilt zu befürchten, dass Lernende das eigene Denken in Zukunft mehr oder minder komplett einstellen und an die KI delegieren.

So weit, so einseitig. Gleichwohl habe ich bei der Korrektur von Seminararbeiten inzwischen auch hier und da den Eindruck gewonnen, dass es einige Studierende gibt, die KI nicht als unterstützendes Werkzeug, sondern als Ghostwriter nutzen. ChatGPT-typische Formulierungen und der dramaturgische Aufbau von Textpassagen lassen dies zumindest vermuten – beweisen kann man es ohnehin nicht. Dass die Qualität des Outputs von ChatGPT nur in den seltensten Fällen so gut ist, dass man diesen 1-1 übernehmen kann, ist noch nicht bei allen angekommen und zeigt ein anderes Problem auf: Die Fähigkeit KI-generierte Ergebnisse einzuschätzen und zu bewerten und dann zu entscheiden, was man davon wirklich übernehmen könnte.

Persönliche Erfahrungen: Erste Schritte zur Integration von KI im Unterricht

Ich habe im Wintersemester in allen meinen Seminaren die Studierenden dazu ermutigt ChatGPT zu nutzen und in zwei Kursen musste die Seminararbeit sogar mit ChatGPT erstellt werden. Dazu gab es eine klare Aufgabenstellung, die das eigene Denken meines Erachtens eher gefördert hat als sie an einen Textgenerator outzusorcen. Ein Ergebnis war dabei auch, dass viele Studierende in ihrer Reflexion zu der Einschätzung kamen, dass ChatGPT eine gute Unterstützung sein kann, für manche Aufgaben sogar sehr gut nutzbar ist, aber letztlich die eigene Denk- und Schreib-Leistung noch immer über der der KI steht.

Neue Wege in der Lehre: Ein Lehrprojekt zur Entwicklung eigener GPTs

Im kommenden Sommersemester kann ich nun dank des Förderprogramms Lehrinnovation der Hochschule München ein neues Lehrprojekt durchführen. In diesem Projekt werde ich mit Studierenden der Sozialen Arbeit eigene GPTs „bauen“. Hierzu werden wir die Möglichkeit nutzen, eben dies ohne besondere Programmierkenntnisse mit ChatGPT Plus umzusetzen.

Von der Theorie zur Praxis: Schritte zur Realisierung eines Beratungsbots

Die Studierenden müssen hierzu in mehreren Schritten arbeiten. Zuerst müssen Sie ein detailliertes Konzept für einen Beratungsbot ihrer Wahl entwickeln, um dann im nächsten Schritt Trainingsmaterialien zu erstellen. Die GPTs, die man selbst bei OpenAI erstellen kann, können nämlich mit eigenen Trainingsdaten gefüttert werden. Hier kommt nun die eigene geistige Leistung besonders zum Tragen. Denn es können und sollen nicht einfach irgendwelche Artikel zu einem Thema dem Bot zur Verfügung gestellt werden. Das wäre schön allein aus urheberrechtlichen Gründen bedenklich. Die Studierenden müssen also selbst überlegen, recherchieren, formulieren etc. Dann geht es an das Konfigurieren des Bots und erste Testläufe, die dazu dienen feedback zu sammeln, welches wiederrum in die Überarbeitung des Bots einfließt.

Lernziele und Kompetenzentwicklung: Über das technische Verständnis hinaus

Mit diesem Vorgehen werden mehrere Ziele verfolgt: Zum einen geht es darum, dass die Studierenden Grundprinzipien generativer künstlicher Intelligenz kennenlernen und über deren Anwendungsmöglichkeiten und -grenzen reflektieren. Hierbei geht es zum Beispiel darum zu erproben, inwieweit eine KI wie ChatGPT in der Lage ist, eine Beratung bzw. einen Teil davon zu übernehmen. Eine solche Bewertung können die Studierenden jedoch nur vornehmen, wenn sie sich bereits mit den Grundprinzipien von Beratung befasst haben und ggf. eigene praktische Erfahrungen mit Adressat:innen der Sozialen Arbeit einbeziehen können. Es ist anzunehmen, dass auch die selbstkonfigurierten Bots den einen oder anderen Bias haben, bzw. Fehlinformationen generieren werden. Das bedeutet, dass die Studierenden ebenso in der Lage sein müssen, den Output fachlich zu bewerten (und vorher natürlich bei der Produktion der Trainingsdaten entsprechend vorzuarbeiten!) und die ethischen Konzepte des Bots zu untersuchen.

Wissenschaftliches Arbeiten neu gedacht: Recherche und kritische Bewertung

Durch die selbstständige Recherche, Konzeptualisierung und Erstellung von Inhalten im Rahmen des Projekts vertiefen Studierende zentrale Aspekte wissenschaftlichen Arbeitens. Sie lernen, wie man relevante wissenschaftliche Quellen und Literatur identifiziert, kritisch bewertet und für ein spezifisches Projektziel – in diesem Fall einen Beratungsbot – aufbereitet. Dieser Prozess schult die Fähigkeit, komplexe Informationen zu strukturieren und in einen neuen Kontext zu überführen. Die iterative Verbesserung des Bots auf der Basis von Rückmeldungen der Nutzer:innen schult zudem die Fähigkeit zur Reflexion – auch darüber, was Adressat:innen als gut/schlecht, hilfreich/nicht hinfreich etc. bewerten – und fördert den konstruktiven Umgang mit Feedback.

Ich bin freue mich sehr auf das kommende Semester und darauf, mit den Studierenden spannende Projekte umzusetzen!

Die Zwischenüberschriften in diesem Artikel wurden übrigens von ChatGPT erstellt. Hierzu hat der Bot meinen Artikeltext und die Aufforderung erhalten, Zwischenüberschriften zu erstellen, die den Leser:innen einen Ausblick und eine gute Struktur beim Lesen ermöglichen. Ob es wohl gelungen ist? 🙂