Vor wenigen Tagen veröffentliche OpenAI die neuste Version ihres Sprachmodells. Das Besondere: GPT4o ermöglicht nun auch den Nutzer:innen der kostenlosen Version GPT3.5 Zugang zum besseren Sprachmodell und das, ohne einen Cent dafür zu zahlen! Ja, es gibt Einschränkungen. Mit einem GPT3.5 Account hat mich nicht immer Zugriff auf das bessere Sprachmodell GPT4o. Die Verfügbarkeit des Modells hängt davon ab, wie viele Nutzer:innen gerade unterwegs sind. Im Zweifel wird man wieder auf das Modell GP3.5 runtergestuft.
Dennoch: Es gibt zumindest die Möglichkeit (mit etwas Glück) kostenlos Zugriff auf eines der besten Sprachmodelle auf dem Markt zu haben. Diese aggressive Marktpolitik von OpenAI darf sicher als Disruption gesehen werden. Die anderen Anbieter, die teilweise 20-30 Dollar für ihre Modelle verlangen, sind sicherlich wenig begeistert.
Neben dem Thema Zugang gibt es aber auch einge Verbesserungen, die OpenAI mit dem neuen Modell an den Start bringt. Besonders beeindruckend ist die neue Sprachein- und -ausgabe. Man kann nun mit ChatGPT plaudern, die KI versteht und produziert Humor und ist in der Lage andere Stimmungen zu erkennen und darauf einzugehen. Ja sogar der eine oder andere Witz wird von der KI nun gemacht, wie im Produkt-Präsentations-Stream zu hören ist (ab Minute 9.30 – es lohnt sich!)
Wenn man es selbst mal ausprobiert – und das habe ich gemacht – ist man ziemlich geflasht von dem, was da möglich ist. Die Anthropomorphisierung der KI schreitet in großen Schritten voran. Dies wird massive Auswirkungen auf den Bildungsbereich haben, wie Prof.’in Doris Weßels auf LinkedIn vermutet:
„Tastatureingaben in der Kommunikation mit KI-Bots sind „old fashioned“. Die verbale Kommunikation ist auf dem Vormarsch und schon heute sehr deutlich sichtbar. Für den Bildungsbereich ist diese Entwicklung sehr weitreichend, denn damit verliert die Schriftsprache (Schreiben und Lesen) perspektivisch an Bedeutung, während das Sprechen und Hören immer mehr Raum einnehmen wird.“ (Quelle)
Ich sehe vor allem für die psychosoziale Beratung nun echt etwas in Rollen kommen. Bislang habe ich mich vor allem mit der Frage beschäftigt, welche Auswirkungen der Textgenerator auf die schriftbasierte Onlineberatung hat. Nun kommt mit der Spracheingabge die Frage dazu, was mit der Beratung insgesamt passiert.
Es ist davon auszugehen, dass wir in Zukunft mit KI dieser Art mehr sprechen als schreiben werden – was nebenbei gesagt auch eine super Entwicklung hinsichtlich mehr Teilhabemöglichkeiten schafft. Ebenso wird KI wie eine Art Alltagsbegleiter in immer mehr Anwendungen präsent sein. Bei Snapchat gibt es z. B. bereits seit längerem mit „MyAI“ eine:n „KI-Freund:in“ mit der sich Nutzer:innen jederzeit schreiben können. Wir werden in Zukunft viel mehr solcher Anwendungen sehen und damit auch eine Möglichkeit, sich „Alltagsberatung“ jederzeit von der KI zu holen. Wenn diese dabei auch noch menschlich rüberkommt, uns gut „versteht“ und empathisch Rat gibt, wird dies sicherlich einige Fragen hinsichtlich professioneller Beratung aufwerfen.
Nun stimmt mich das tatsächlich aber zuversichtlich, denn jetzt ist die Zeit gekommen, dass sich die professionelle Beratung klar positioniert. Es geht nicht um die Frage, ob mich die KI bald ersetzen wird. Sondern es geht darum deutlich zu machen, was menschliche Beratung auszeichnet und welchen Mehrwert sie gegenüber der „KI-Beratung“ hat. Es geht also darum, das eigene Profil zu schärfen und sich auch mit der Frage auseinander zu setzen, welchen Stellenwert und welche Rolle eine KI in der professionellen Beratungstätigkeit haben wird.
Ich werde in der nächsten Zeit zum Beispiel testen, wie gut GPT4o eine Fallsupervision mit mir als Supervisandin durchführen kann. Ich werde berichten 😉