Das Sommersemester geht langsam dem Ende entgegen und das lässt mir etwas Zeit, einen kurzen Überblick zu geben, wie ich in diesem Semester mit Künstlicher Intelligenz im Rahmen der Lehre gearbeitet habe.
Grundsätzlich ist mein Versuch immer davon geleitet, Studierenden so viel wie möglich die Gelegenheit zu geben, selbst mit der KI zu experimentieren, Dinge auszuprobieren, Erfahrungen zu sammeln und diese dann vor allem reflektiert zu analysieren.
Nun müssen wir aber zunächst „die KI“ start eingrenzen. Aktuell ist Generative KI vor allem in Form des Large Language Modells (LLM) ChatGPT in aller Munde. Und das ist natürlich an bei den Hochschulen der Fall. Da ChatGPT relativ leicht nutzbar und inzwischen auch mit dem besseren Sprachmodell kostenlos verfügbar ist, nutzen viele Studierende dieses Tool auch für ganz unterschiedliche Zwecke im Studium (siehe hierzu: Witter et al. 2024). Und natürlich wird ChatGPT auch von Dozierenden genutzt, um zum Beispiel Texte zu Überarbeiten oder Aufgabenblätter erstellen zu lassen (siehe hierzu: Hochschulforum Digitalisierung)
Mich persönlich interessiert am meisten, wie es gelingen kann, Studierenden der Sozialen Arbeit einen verantwortungsbewussten Umgang mit dieser Form der KI im Rahmen ihres Studiums (Stichwort: wissenschaftliches Arbeit) und in der sozialarbeiterischen Praxis (Ethische Fragen, Datenschutz etc.) zu vermitteln.
Hierzu habe ich in unterschiedlichen Lehrveranstaltungen verschiedenartige Lehr-/Lernansätze erprobt, von denen ich hier schon einmal kurz erzählen möchte. Eine ausführliche Publikation hierzu ist bereits in Arbeit.
- Szenario: Chat-GPT zum Üben von Onlineberatung
Diese Szenario habe ich bereits im vergangenen Wintersemester mit einer Studierendengruppe durchgeführt und darüber berichtet (siehe hier) weshalb ich an dieser Stelle nur einige Besonderheiten hervorheben möchte. Denn auffällig waren für mich in diesem Semester zwei Aspekte: Es gibt noch immer Studierende, die ChatGPT noch gar nicht genutzt haben. Und es gibt Studierende, die inzwischen schon recht versiert im Umgang mit ChatGPT sind. Und klar: Es gibt auch viele, die irgendwo dazwischen liegen. Ich fand es dennoch verblüffend, dass (in der Regel) junge Menschen, die mit iPad und Smartphone in der Lehrveranstaltung sitzen, auch nach über anderthalb Jahren noch keine Erfahrungen mit ChatGPT gesammelt haben. Zumal das Modell an der Hochschule München für Studierende über eine API kostenlos in der höchsten Version nutzbar ist.
Das lädt natürlich dazu ein, darüber nachzudenken, warum das so ist und was die Hochschullehre dazu beitragen kann, dass Studierende nicht nur einen Zugang zu, sondern auch einen Umgang mit ChatGPT erlernen. Das Bereitsstellen einer Technologie reicht eben nicht aus – klassisches Teilhabe-Problem!
Spannend war außerdem, dass viele Studierende zunächst mit Skepsis an die Übung herangegangen sind und vermutet haben, dass die KI „das nicht kann“. Dann gab es einige Überraschungen, was sie alles kann und die wichtigste Erkenntnis: Wie gut sie es macht hängt stark davon ab, wie differenziert ich meine ‚prompts‘ stelle!
2. Szenario: Eigene GPTs konfigurieren
Wer die kostenpflichtige Version von ChatGPT nutzt, weiß, dass man seit einiger Zeit auch einen eigenen GPT erstellen kann. Eigene GPTs sind maßgeschneiderte Versionen von ChatGPT, die individuell erstellt werden können. Sie erhalten bestimmte Anweisungen und Aufgaben, sodass sie speziell an die jeweiligen Bedürfnisse angepasst sind. Dies ist z. B. dann nützlich, wenn eine KI benötigt wird, die sich auf bestimmte Themen konzentriert, auf eine bestimmte Art und Weise auf Fragen antworten soll (z. B. in kindgerechter Sprache) oder besondere Aufgaben erledigen soll (wie z. B. das Erstellen von Tagesplänen).
Konkret haben wir in einem Kurs GPTs entwickelt, die das Thema „Medienhandeln in Familien“ aufgreifen. Die Studierenden haben hierzu ein Thema identifiziert, dass sie als besonders relevant erlebt haben und eine Konzeption für einen GPT-Bot erstellt. Darauf basierend wurden dann Trainingsmaterialien erstellt, die in die selbst erstellten GPTs von OpenAI eingespeist wurden. Hierbei war eigenständige Arbeit erforderlich: Recherche, Formulierung und sorgfältige Vorbereitung. Anschließend wurde der Bot konfiguriert. Hierbei spielte zum Beispiel eine Rolle, wie der Bot auf bestimmte Anfragen reagieren soll und in welcher Form die Antworten ausgestaltet werden sollen. Es wurden erste Testläufe durchgeführt, um Feedback zu sammeln und den Bot zu verbessern.
Ziele des Projekts:
- Grundprinzipien generativer KI kennenlernen: Verstehen, wie KI funktioniert und wo ihre Grenzen liegen.
- Beratungsfähigkeiten der KI untersuchen: Analysieren, ob ChatGPT beratungsfähig ist, basierend auf Wissen und Praxiserfahrungen der Studierenden.
- Fachliche und ethische Bewertung: Kritische Bewertung des Outputs und Berücksichtigung ethischer Aspekte der Bot-Nutzung.
Wissenschaftliches Arbeiten:
- Identifikation und Bewertung relevanter Quellen und deren Aufbereitung für das Projekt.
- Strukturierung komplexer Informationen und deren Überführung in neue Kontexte.
Durch iterative Verbesserungen des Bots lernen die Studierenden, konstruktiv mit Feedback umzugehen und ihre Reflexionsfähigkeit zu schulen.
Entstanden sind am Ende wunderbar kreative Informations-, Unterstützungs- und Beratungsbots mit Namen wie ‚Cyber Fox‘ oder der ‚KiTa Medien Coach‘, der Fachkräfte im Bereich der frühkindlichen Bildungsarbeit dabei unterstützen Medienbildungs- und erziehungsangebote zu gestalten.
Vorschau auf das nächste Semester
Im Wintersemester starten wieder Erstsemester und ich tüftele bereits an Ideen, wie im Rahmen des Erstsemester-Mentorats mit KI gearbeitet werden kann. Aktuell schwebt mir vor allem das Thema KI-Bildgenerierung vor, um mit den Neuankömmlingen, die sich ja auch in einer aufregenden und persönlichkeitsbildenden Statuspassage befinden, gemeinsam zu überlegen, welche ‚Bilder‘ von Sozialer Arbeit sie haben. Mal sehen…ich werde berichten 🙂